Geschwister – gemeinsam statt einsam

Einmal wird laut gestritten, dann gemeinsam gesungen. Einmal wird heftig gekämpft, dann liebevoll gekuschelt. Als Mehrfacheltern ist uns Langeweile nahezu ein Fremdwort, denn bei uns ist immer etwas los. Im Positiven wie halt auch im Negativen. Und bald wird sogar einer mehr mitmischen in unserem Dreiergespann.
Gerade in der momentanen Situation (Stichwort Coronakrise) stelle ich fest, wie wunderbar ein volles Haus ist und welch großen Mehrwert Geschwister doch bedeuten. Bereits einmal bin ich in einem Artikel (XXL statt bloß XS) auf positive Aspekte des Großfamilienlebens (im Sinne von: Mehrkindfamilienleben) eingegangen. Diesmal möchte ich die Beziehung der Kinder untereinander in den Vordergrund stellen. In einer Zeit, in der es gilt keine Kontakte zu Freunden zu pflegen und Geschwister somit nur sich haben, lässt sich dabei besonders viel beobachten.

Bruder oder Schwester sind, hart ausgedrückt, Fluch und Segen zugleich. Wer bloß den perfekten Spielgefährten und eine Vertrauensperson fürs spätere Leben in ihnen erkennt, irrt gewaltig. Geschwister bedeuten Konkurrenz. Dinge müssen erkämpft und der Platz in der Familie behauptet werden. Dass hier Reibereien entstehen, ist logisch. Doch ich sehe auch jede Menge positive Elemente und Erfahrungen, die fürs spätere Leben von Vorteil sein können.
Was mich betrifft, so halte ich mich, wenn Kinder unter sich sind, grundsätzlich erstmal heraus. Es bedarf nämlich keiner Dauerbespaßung, im Gegenteil: dadurch wird dem freien Spiel mit all seiner kindlichen Fantasie oft der Garaus gemacht, was ich sehr schade finde. Nur allzu gut erinnere ich mich an die von mir perfekt durchgeplante Kindergeburtstagsfeier meines Mittleren, bei denen ich gleich einem Entertainer durchs Programm führen wollte und diverse Stationen vorbereitet hatte. Nach der ersten Dreiviertelstunde merkte einer der Jungs laut an: „Wann dürfen wir endlich SPIELEN?“ Nie wieder habe ich fortan derart viel Zeit und Mühe in die Organisation einer Party gesteckt und doch kamen alle gut an, um nicht zu sagen, sie waren der Kracher. Einfach, weil die Kinder SEIN durften, sich selbst untereinander arrangierten, ohne (oder mit minimaler) Anleitung spielten und ihrer Fantasie so freien Lauf lassen durften.
Ich hatte und habe immer wieder mit Menschen zu tun, die meinen, dem Kind einen Gefallen zu tun, wenn es pausenlos animiert, zugetextet und mit Spielsachen überhäuft wird. Doch gut gemeint ist nicht zwangsläufig gut. In der derzeitigen Quarantäne Situation, in der zahlreiche Eltern von zuhause aus arbeiten, zeigt sich nun, wie leicht oder eben schwer es Kindern fällt sich eine Zeit lang selbst zu beschäftigen. Wer mehrere Kinder hat, ist hier, meiner Meinung nach, momentan klar im Vorteil. Denn als soziale Wesen brauchen wir nun mal Spielgefährten und Ansprechpartner. Und wenn keine Geschwister vorhanden sind, bleiben nun mal nur Mama oder Papa übrig. Das kann vermutlich ganz schön anstrengend werden.
Für mich ist es etwas Wunderschönes Kinder unter sich beobachten zu können und einfach zu genießen, wie sie spielend voneinander und miteinander lernen. Meist, und jetzt spreche ich aus Sicht der Pädagogin und Mutter, lässt sich am Sozialverhalten ganz leicht erkennen, welche Kinder Geschwister zuhause haben und wer als Einzelkind aufwächst.

Dass der Einfluss älterer Geschwister nicht immer nur positive und begrüßenswerte Auswirkungen hat, davon kann ich natürlich auch ein Lied singen. Unser Jüngster ist durch Bruder und Schwester wissensmäßig wohl so manch Klassenkollegen voraus. Man glaubt kaum, was sich die Kinder alles merken, wenn sie sich den Schulstoff gegenseitig abprüfen oder, so wie im Moment, sämtliche Schulsachen im Zuge des Distance Learnings gemeinsam erledigen. Allerdings kommt es zwangsläufig auch dazu, dass – ich sage einmal – unnützes oder nicht altersgemäßes Wissen und Vokabular weitergegeben wird. Hier versuche ich schon regulierend einzugreifen und zeige Grenzen auf.
Abschließend bleibt zu sagen: Ja, eine große Familie bedeutet mehr Arbeit. Mehr Ausgaben. Mehr Stress. Mehr Wäsche. Mehr Lärm. Aber gleichzeitig auch mehr Liebe. Mehr Austausch. Mehr Gemeinschaft. Mehr Füreinander-da-sein. Und das ist es, was für mich und meinen Mann, selbst ein Einzelkind, zählt. Gerade jetzt. #zusammensindwirdstark #wirbleibenzuhause