Krank sein, Kind, das darfst du nicht

Mehrfachmütter können ein Lied davon singen: kaum sind die ersten paar Wochen Kindergarten und Schule rum, bringen die Kinder nicht nur halbvolle Brotboxen und lückenhafte Hausübungshefte mit heim, nein, auch jede Menge Viren und Bakterien kreuchen und fleuchen nun durchs Haus. Und meist ist es nur eine Frage der Zeit, bis die erste Schnupfnase so richtig außer Gefecht ist und aus dem anfänglichen Hüsteln und „Mir tut‘s beim Schlucken weh“ ein ausgewachsener grippaler Infekt mit Fieber und Seelöwengebell wird.
Bei einer berufstätigen Mutter schrillen meist schon bei den ersten Anzeichen alle Alarmglocken. Obwohl ich mein Bestes gebe, die Immunabwehr der Kinder gut aufrecht zu erhalten, mit gesunder Ernährung, viel frischer Luft und oftmaligem Händewaschen vorsorge, sind Erkältungen und andere Infekte nicht immer vermeidbar. Je mehr Mitglieder eine Familie hat, desto größer ist überdies die Chance, dass jemand ein „nettes Souvenir“ heimbringt und dieses zuhause dann fleißig weitergegeben wird. Glaubt mir, ich habe Wintersaisonen hinter mir, die mich zweifeln ließen, ob ich die Außenwelt jemals wieder zu Gesicht bekommen würde.

Ja, kranke Kinder sind anstrengend. Und ja, es ist schwierig, Berufstätigkeit und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen. Als Dreifachmama und Lehrerin weiß ich genau, wie rasch man hier in die Zwickmühle gerät und kenne beide Seiten der Medaille. Wann ist das Kind zu krank, um den Kindergarten oder den Unterricht zu besuchen? Wann wieder fit genug? Eine einheitliche Richtlinie gibt es hier nicht. Schlussendlich entscheidet jede Mutter selbst, was für ihr Kind und ihre Situation das Beste ist – wobei hier leider all zu oft das gesundheitliche Wohl des Kindes hinter die beruflichen Anforderungen gestellt wird.

Wie oft erlebe ich Kinder, die frühmorgens mit glasigen Augen, triefender Nase und bellendem Dauerhusten abgegeben werden, anstatt zuhause das Bett zu hüten. Wenn das fiebersenkende Schmerzmittel dann nachlässt, und die Kleinen nur mehr elendig daher hängen, beginne ich schon mich zu fragen, ob sich die Eltern überhaupt bewusst sind, in welch unangenehme Situation sie nicht nur das eigene Kind, sondern auch das gesamte Umfeld, sprich Kindergartenfreunde, Klassenkollegen und Pädagogen, bringen. Ich selbst bin in der glücklichen Lage, flexibel agieren zu können, sodass die Betreuung meiner Kinder stets gewährleistet war bzw. ist und sie nicht als Bazillenschleudern im Freundeskreis fungieren müssen. Sehr schwierig stelle ich mir die Situation für Alleinerziehende vor, die noch dazu keinen weiteren familiären Rückhalt haben und zum Beispiel im Bedarfsfall nicht auf Großeltern zurückgreifen können. Hier heißt es definitiv „Krank sein, Kind, das darfst du nicht.“