Sprache als Schlüssel

Seit ich denken kann, faszinierten mich Sprachen und ihr Gebrauch. Wenn mein Großvater, der lange Zeit in Kanada lebte, Telefonate auf Englisch führte oder Besuch aus dem Ausland da war, lauschte ich gespannt der andersartigen Klangmelodie und versuchte den Gesprächen zu folgen. Ich wollte dazu gehören, mitreden können.

Die Erfahrung, dass Sprache der Schlüssel zur Gemeinschaft ist, machte ich dann so richtig intensiv mit Schuleintritt. Anders als meine Klassenkollegen hatte ich nicht den örtlichen Landeskindergarten besucht und Mundart war mir fremd. Rasch erntete meine Ausdrucksweise, die ich bis dato als vollkommen normal angesehen hatte, Kritik. Auf „Warum redst du so komisch?“ folgte Gelächter der anderen Dorfkinder, bis man sich schließlich erbarmte und mir quasi in einem Crashkurs beibrachte, im Dialekt zu sprechen. Es dauerte keine 2 Monate und ich war integriert. 

Kinder lernen rasch. Sie wollen dazugehören. Es ist ihnen ein grundlegendes Bedürfnis, sich mit Freunden verständigen zu können und ein Teil der Gemeinschaft zu sein. In meiner Arbeit an Kindergärten stellte ich immer wieder fest, wie rasch Integration geschehen kann – oder auch nicht, abhängig davon, wie homogen die Gruppe ist. So gesehen macht frühkindliche Spracherziehung einen wichtigen Aspekt der heutigen Kindergartenpädagogik aus.

Doch auch bei älteren Kindern zeigt sich, wie allgegenwärtig das Sprachthema ist. Dass sich Sprache stets im Wandel befindet und jede Generation ihre eigene Jugendsprache hat, ist mir als Linguistin nicht neu. Bei den eigenen Kindern jedoch mitzuverfolgen, welche Auswüchse die Änderung der Ausdrucksform annehmen kann, ist mehr als spannend, manchmal auch etwas erschreckend. So stelle ich seit geraumer Zeit fest, dass die deutsche YouTuber Szene einen immensen Einfluss auf das Vokabular der Jugendlichen heute hat. Gerade hier in Österreich fällt dies stark auf, wenn ich die Konversationen meiner Kinder untereinander und mit Freunden betrachte. Anfangs störte mich die Ausdrucksweise extrem, ich empfand sie als unnatürlich. Plötzlich sprach das eigene Kind eine andere Sprache als man selbst. Bei „Nee, Mutter, das mach ich nich.“ Oder „Kuck was der Junge da macht!“ stellten sich mir regelrecht die Nackenhaare auf, hätte ich doch viel eher ein „Na, Mama, das mach ich ned.“ und ein „Schau was der Bub da macht!“ erwartet.

Der Lauf der Zeit bringt eben gewisse Änderungen mit sich und wer dazugehören möchte, wer mitreden können will, passt sich an und nimmt gewisse Ausdrucksweisen an. Auch wenn ein YouTube Verbot für mich nie zur Debatte stand, versuche ich doch, meine Kinder dahingehend aufzuklären, dass vieles von dieser Plattform im allgemeinen Sprachgebrauch definitiv nichts verloren hat. Wenn nämlich Kraftausdrücke überhandnehmen und als normaler Umgangston betrachtet werden, bleibt fraglich, ob Sprache noch den Schlüssel zu einem friedlichen Miteinander bietet.

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