Wieviel Spielzeug braucht ein Kind?

Im Zimmer meiner Jungs (ja, die zwei teilen sich ein Zimmer) hat mal wieder die Bombe eingeschlagen. Nur mit Mühe kann ich mir einen Weg in die hinterste Ecke bahnen, um den Bettbezug zu wechseln. Schon ertönt von unten ein lautes „Mama, was machst du da?“ und ehe ich mich’s versehe, stürmen ein 11- und ein 8-jähriger heran um ihre Festung, wie ich sodann erfahre, mit vollem Körpereinsatz zu verteidigen. Denn Frau Mutter befindet sich im Augenblick nicht im Bubenschlafzimmer im 1. Stock des Einfamilienhauses, sondern in der Basisstation Alpha, von welcher aus geheime Machenschaften der Feinde ausspioniert und Pläne für entsprechende Gegenmaßnahmen geschmiedet werden.

Mit Decken und Matratzen wurde das Hochbett zu einer Festung umfunktioniert. Alte Bildschirme, Tastaturen, Laptops, Joysticks und Headsets geben dem Ganzen einen realistischen Touch. Die übrige Ausrüstung lässt die fabelhafte Fantasie meiner Kinder deutlich werden: Wie so oft ist es nicht das um teures Geld gekaufte Spielzeug, das für stundenlange Unterhaltung nötig ist, sondern Dinge, die im täglichen Gebrauch sind. Waschmittelbehälter, Senftuben, Shampoo, ja, sogar WC-Papier Packungen kommen zum Einsatz und fungieren als heikle Fracht, lebensrettende Mittel oder chemische Kampfstoffe zur Kriegsführung.

Für mich gibt es nichts Schöneres als zu beobachten, wie Kinder in ihre eigens erbaute Fantasiewelt eintauchen und durch Rollenspiele so viel lernen. Und das nicht erst im Schulalter. Schon die ganz Kleinen greifen oft lieber zu einem Kochlöffel oder einem Schlüsselbund als sich mit dem blinkenden Plastikspielzeugring aus dem Spielwarengeschäft zu beschäftigen. Natürlich bin ich mir bewusst, dass es eine Menge pädagogisch wertvolles Spielzeug gibt, dessen Anschaffung auch Sinn und Freude machen kann. Die zehnte Actionfigur zählt vermutlich nicht dazu. Deshalb halte ich mich schon seit längerer Zeit bei Einkäufen dieser Art wirklich zurück und versuche auch den Kindern mitzugeben, dass jede Kaufentscheidung wohlüberlegt sein sollte. Warum und wieso genau, das erfährst du in der Rubrik Weniger Zeug, mehr Leben.